OldtimerAutostadt Story: Seepferdchen als Kühlerfigur - ein ZeitHaus Klassiker mit bewegter Geschichte

Autostadt Story: Seepferdchen als Kühlerfigur – ein ZeitHaus Klassiker mit bewegter Geschichte

Die Sammlung des Automobilmuseums ZeitHaus in der Autostadt in Wolfsburg ist markenübergreifend und umfasst rund 260 Fahrzeuge von mehr als 60 Herstellern. Dass der Bentley 3 Litre Speed, den Anthony Methley 1923 bestellte, einmal Teil dieser Sammlung sein würde, war für ihn ebenso wenig abzusehen wie das bronzene Seepferdchen, das den Kühler später schmückte.

Bei der Bestellung seines Fahrzeugs konnte Methley – so war es damals üblich – das motorisierte Chassis von einem Karosseriebauer seiner Wahl einkleiden lassen. Als einer von lediglich 32 3-Litre-Kunden entschied er sich für James Young & Co. – einem 1863 in Bromley gegründeten Karosseriespezialisten für exklusive Individualaufbauten. Seinen 3 Litre mit viersitzigem „James Young-Aufbau“ und der Chassis-Nummer 506 übernahm Methley dann am 24. Februar 1924 im Bentley-Werk Cricklewood. Wartungseinträge in der „Bentley-Akte #506“ beurkunden eine vorbildliche Scheckheftpflege in den folgenden Jahren: Die Bremsen wurden erstmals am 10. Januar 1925 nachgestellt. Im November justierte man – bei einem Tachostand von 9.746 Meilen – das Ventilspiel und behob ein Wackeln in der Lenkung. 1927 stand eine erste Motorüberholung auf dem Programm, später wurden Kolben, Wasserpumpe und die Lager der Kurbelwelle ersetzt. Auch Unfall-Reparaturen sind in der penibel handschriftlich geführten „#506-Akte“ vermerkt. Die Aufzeichnungen enden 1938 mit der Notiz, dass „diverse Lagerbuchsen und ein Kardanwellenlager“ geordert wurden.

Die Spur des Dreiliter-Bentleys verlor sich im Anschluss bis in das Jahr 1940: Bootsbauer Austin Packard Farrar suchte einen Schrottplatz nahe Lancing, Sussex, auf und fand dort zufällig einen Bentley 3 Litre – es handelte sich um #506.

Farrar erwarb das für die Verschrottung bestimmte Automobil für 20 £. Per Zug verfrachtete er den Bentley an seinen Wohnort Portsmouth, wo er dem Fahrzeug neues Leben einhauchte – fortan nannte er ihn wegen seines Motorengeräuschs „Bumble“ – auf deutsch: Hummel. Farrars Plan war es, das Fahrzeug künftig als „working horse“ einzusetzen, um seine gebauten Boote damit über Land zum Kunden zu transportieren. Das geflügelte „Bentley-B“ auf dem Verschlussdeckel des Kühlers ersetzte er durch ein filigran gefertigtes Seepferdchen aus Bronze – es symbolisierte die Nähe des Bootsbauers zum Meer. Austin Packard Farrar verstarb 2004 im Alter von 91 Jahren. Mit dem Erwerb von #506 im Jahre 2006 durch die Autostadt in Wolfsburg wird die Geschichte „Bumbles“ im ZeitHaus weitererzählt – als dem letzten verbliebenen 3 Litre mit James Young-Aufbau und einem Seepferdchen als Kühlerfigur.

Hintergrund Bentley 3 Litre

Sein öffentliches Debüt feierte der 3 Litre 1919 als Prototyp auf der London Motor Show – die Serienproduktion mit dem 70 PS starken Motor startete 1921 in Cricklewood.

Das Exponat aus der Sammlung des ZeitHauses wurde ab 1924 als sportlichere Variante unter dem Namen „3 Litre Speed“ verkauft – mit 80 PS aus 2,996 cm3 Hubraum, Vierradbremse und einer Höchstgeschwindigkeit von 145 km/h. Die Hochleistungsvariante „Super Sports“ kam 1925 mit knapp 90 PS auf den Markt und war für den Motorsport ausgelegt – ihr gelangen 1924 und 1927 Siege in Le Mans. Insgesamt wurden von 1921 bis 1929 1.619 „3 Litre“ produziert – darunter 513 Speed-Modelle. Das erste Modell der Bentley Motors Ltd. war damit auch Begründer einer bis heute reichenden Tradition hochwertiger Spitzen-Automobile.

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