RatgeberEnergiekrise, hohe Inflation und steigende Zinsen

Energiekrise, hohe Inflation und steigende Zinsen

Roland Berger Restrukturierungsstudie 2022: Energiekrise, hohe Inflation und steigende Zinsen – Unternehmen sind auf externe Schocks nicht vorbereitet

  • Die größten Risiken für die Wirtschaft: Steigende Rohstoff- und Energiepreise, geopolitische Veränderungen und Fachkräftemangel
  • Besonders betroffen: Automobilindustrie, Energiesektor und Einzelhandel
  • 92 Prozent der Experten und Expertinnen erwarten eine Zunahme von Restrukturierungsfällen
  • Mehr als jeder zweite der befragten Experten und Expertinnen sieht deutsche Unternehmen nur bedingt oder gar nicht auf exogene Schocks vorbereitet

Pandemie, Ukrainekrieg, Versorgungsengpässe, Inflation – Unternehmen sehen sich parallel mit diversen Krisen konfrontiert. Zudem müssen Firmen ihre Digitalisierung vorantreiben und den gestiegenen ESG-Anforderungen nachkommen. Diese vielfältigen Herausforderungen spiegeln sich auch in der aktuellen „Restrukturierungsstudie 2022“ von Roland Berger wider: 92 Prozent der befragten Experten und Expertinnen erwarten eine Zunahme der Restrukturierungsfälle. Mehr als die Hälfte sieht die Unternehmen nur bedingt oder gar nicht auf exogene Schocks vorbereitet. An der Studie nahmen mehr als 650 Experten und Expertinnen aus dem Bankwesen, der Sanierungsberatung und der Insolvenzverwaltung aus Deutschland, Österreich und der Schweiz teil.

„Die Unternehmen stehen vor einer äußerst schwierigen Gemengelage. Rekordpreise für Material und Energie, steigende Zinsen, die hohe Inflation sowie fragile Lieferketten setzen den Firmen zu“, sagt Sascha Haghani, Leiter der globalen Plattform Restructuring, Performance, Transformation & Transaction (RPT) und Geschäftsführer DACH bei Roland Berger. „Über zusätzliche Effizienzsteigerungen ist es für Organisationen in diesem Umfeld kaum möglich, ihre Kosten abzudecken. Sie kommen nicht umhin, mit ihren Kunden über Preissteigerungen zu verhandeln.“

Weitergabe gestiegener Preise nicht immer durchsetzbar

Waren in den letzten Jahren stets disruptive Innovationen und die digitale Transformation der Hauptgrund für einen Anpassungsbedarf in vielen Branchen, so sind es heute die massiv gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten. Umfangreiche Preisanpassungen sind vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) bei fehlender Marktmacht meist schwer durchsetzbar. Die Folge: Sie laufen Gefahr, in die nächste finanzielle Krise zu rutschen. „Um die Kostensteigerungen bei Rohstoffen, Energie, aber auch Personal zu kompensieren, müssten Unternehmen zur Margenabsicherung ihre Preise in diesem Jahr um durchschnittlich sieben Prozent erhöhen“, sagt Gerd Sievers, Co-Head der Plattform RPT. Als größte Risiken sehen die in der Studie befragten Experten und Expertinnen steigende Rohstoff- und Energiepreise, die allgemein hohe Inflation (68%) sowie geopolitische Veränderungen (65%). „Eine sich verfestigende Energiekrise in Kombination mit einem Einbruch der Nachfrage führt die deutsche Wirtschaft in ein dauerhaftes Stressszenario und es droht eine Rezession“, führt Sievers fort. Hinzu kommt der anhaltende Fachkräftemangel, der sich seit der Corona-Pandemie weiter verschärft.

Automobilindustrie mit größtem Restrukturierungsbedarf – Energiesektor kämpft mit Liquiditätsrisiken

Einige Branchen trifft es besonders hart. Den größten Anpassungsbedarf sehen die Befragten in der Automobilindustrie. Die Krisen der letzten beiden Jahre verschärfen die Situation der ohnehin schwierigen Transformation der Branche, vor allem für Zulieferer. Auch die Energiebranche steht nach Meinung der Experten und Expertinnen vor einem grundlegenden Wandel. Obwohl die massiv gestiegenen Strompreise in den letzten Monaten zu satten Gewinnsteigerungen geführt haben, müssen Versorger gleichzeitig ein noch nie da gewesenes Liquiditätsrisiko managen. Der Grund: Strenge Vorgaben bei Termingeschäften an den Energiebörsen bei der Eindeckung oder Vermarktung eines Stromportfolios. Als Sicherheitsleistung müssen Versorger liquide Mittel hinterlegen. Auch der Einzelhandel steht weiter im Fokus. Nach zwischenzeitlichen Geschäftsschließungen während der Pandemie haben beide Branchen nun mit eingeschränkter Warenverfügbarkeit, Kostensteigerungen und sinkender Kaufkraft ihrer Kunden zu kämpfen. Für alle Branchen gilt: Sie agieren in einem Umfeld, in dem keine schnelle konjunkturelle Erholung unwahrscheinlich ist: Mehr als die Hälfte der Befragten erwartet 2023/2024 ein stagnierendes oder gar rückläufiges Bruttoinlandsprodukt in Deutschland.

Krisenfrüherkennung durch aktives Risikomanagement und Szenario Planung

Trotz multipler Krisen dürfen Unternehmen die notwendige Transformation nicht aus den Augen verlieren. Dekarbonisierung und Digitalisierung bleiben auf der Management-Agenda. Die Befragten sind sich daher einig: Unternehmen müssen sich proaktiv mit potenziellen Krisenszenarien auseinandersetzen und frühzeitig geeignete Strategien und Maßnahmen für den Umgang mit Krisen entwickeln. Zur Schaffung der nötigen Transparenz ist für jeden zweiten Studienteilnehmer die Etablierung eines dedizierten Risikomanagements zur Krisenfrüherkennung deshalb unabdingbar. Ebenso wichtig ist für die Befragten die Sicherung der Lieferketten, etwa durch die Schaffung alternativer Bezugsquellen oder die Rückkehr zu einer vertikalen Integration der Wertschöpfungskette. Allerdings: „Lineare Planungsansätze bilden die Realität nicht mehr adäquat ab. Unternehmen müssen mithilfe von Szenarioanalysen die verschiedenen Risikopotenziale aufdecken, um Planungen flexibler anpassen zu können. So können Unternehmen gegenüber (künftigen) Krisen robuster werden und die gestiegene Komplexität besser bewältigen“, erklärt Haghani.

Die vollständige Studie können Sie hier herunterladen: https://bit.ly/3SgjbEF

Roland Berger

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