Auto und VerkehrDieselskandal der Daimler AG: Hoher Schadenersatz in der Premiumklasse wegen Mercedes-Benz-Fahrzeugen möglich

Dieselskandal der Daimler AG: Hoher Schadenersatz in der Premiumklasse wegen Mercedes-Benz-Fahrzeugen möglich

Mönchengladbach (ots) Das Landgericht Dortmund hat die Daimler AG im Abgasskandal zu hohem Schadenersatz und zur RĂŒcknahme eines Mercedes-Benz GLE 350d 4Matic mit dem Motor des Typs OM651 der Schadstoffklasse Euro 6 verurteilt. Das Gericht verweist auf den substantiierten Vortrag des geschĂ€digten Verbrauchers, der das Vorliegen mehrerer Abschalteinrichtungen verdeutlicht.

Die Daimler AG hat im Abgasskandal eine weitere herbe Niederlage vor dem Landgericht Dortmund (Urteil vom 03.05.2021, Az.: 7 O 265/20) kassiert. Der Autobauer muss fĂŒr Manipulationen an einem Mercedes-Benz GLE 350d 4Matic mit dem Motor des Typs OM651 der Schadstoffklasse Euro 6 wegen vorsĂ€tzlicher sittenwidriger SchĂ€digung nach § 826 BGB Schadenersatz in Höhe von 63.724,45 Euro nebst Zinsen in Höhe von fĂŒnf Prozentpunkten ĂŒber dem jeweils gĂŒltigen Basiszinssatz seit dem 11. Oktober 2019 zahlen und den KlĂ€ger von den durch die Beauftragung der ProzessbevollmĂ€chtigten entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.954,46 Euro freizustellen. Ebenso trĂ€gt die Daimler AG die vollstĂ€ndigen Kosten des Verfahrens. Zum Zeitpunkt der mĂŒndlichen Verhandlung vor der Kammer wies das streitgegenstĂ€ndliche Fahrzeug einen Kilometerstand von 52.457 auf. Der KlĂ€ger hatte das streitgegenstĂ€ndliche Fahrzeug am 27. Juni 2016 als Neuwagen fĂŒr 80.464,30 Euro brutto erworben.

„Das Gericht verweist in seiner UrteilsbegrĂŒndung darauf, dass der KlĂ€ger substantiiert das Vorhandensein mehrerer Abschalteinrichtungen beziehungsweise Steuerungsmechanismen dargelegt habe, mit denen die Emissionswerte manipuliert worden seien. Im Fokus stehen typische Schlagworte wie das Thermofenster, die KĂŒhlmittel-Solltemperatur-Regelung und eine unzulĂ€ssige Programmierung des OBD-Systems. Als Folge wĂŒrden die angegebenen respektive zulĂ€ssigen Werte fĂŒr Stickoxide im Realbetrieb deutlich ĂŒberschritten“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde.

Unter der AbkĂŒrzung OBD versteht man das On-Board-Diagnosesystem, das maßgeblich fĂŒr die DurchfĂŒhrung der Abgasuntersuchung auch bei dem streitgegenstĂ€ndlichen Fahrzeug ist. OrdnungsgemĂ€ĂŸ funktionierende OBD-Systeme machen den nicht ordnungsgemĂ€ĂŸen Betrieb der Abgassysteme im Normalbetrieb in den mit Abschalteinrichtung ausgestatteten Fahrzeugen fĂŒr PrĂŒfer, Mechaniker und Fahrzeughalter in einem dafĂŒr vorgesehenen Fehlerspeicher sichtbar. Und durch die KĂŒhlmittel-Solltemperatur-Regelung wird bekanntlich die Abgasreinigung im PrĂŒfbetrieb heruntergeregelt, um wĂ€hrend des PrĂŒfzyklus die Grenzwerte einzuhalten. Im Gegensatz dazu kann das streitgegenstĂ€ndliche Fahrzeug im Realbetrieb die Stickoxidemissionen gerade nicht einhalten.

Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) erließ mit Bescheid vom 23. Mai 2018 einen amtlichen RĂŒckruf mit der Anordnung nachtrĂ€glicher Nebenbestimmungen zur EG-Typengenehmigung inklusive NachrĂŒstung fĂŒr den streitgegenstĂ€ndlichen Fahrzeugtyp wegen einer illegalen Abschalteinrichtung. Dieser (noch nicht rechtskrĂ€ftige) ist fĂŒr das Gericht auch ein Argument, die Widerrede der Daimler AG nicht gelten zu lassen. Diese sei ihrer sekundĂ€ren Darlegungslast durch ihren Vortrag zu ihren Abgasstrategien und zum Inhalt des RĂŒckrufbescheids sowie der Verteidigungsstrategie gegen den noch nicht rechtskrĂ€ftigen Bescheid des KBA nicht nachgekommen.

Im Rahmen der sekundĂ€ren Darlegungslast muss die Daimler sich von den VorwĂŒrfen aktiv und mit weitreichenden ErklĂ€rungen zur Funktionsweise der Technologien entlasten. Entspricht das Unternehmen dem nicht, kann es auch keine Entlastung von den VorwĂŒrfen geben. Das trifft auch auf alle anderen Hersteller im Dieselabgasskandal zu. Daher kann dieses Verfahren vor dem Landgericht Dortmund fĂŒr geschĂ€digte Verbraucher auch aus dieser Perspektive zu einer weiteren positiven Entwicklung ihrer Dieselklagen fĂŒhren.

Das Landgericht Dortmund verweist dabei auf die vielbeachtete Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28. Januar 2020, die Dr. Hartung mit einem kooperierenden BGH-Anwalt erstritten hat. Danach können SchadensersatzansprĂŒche im Abgasskandal gegen die Daimler AG von einem Gericht nicht einfach als Behauptungen „ins Blaue hinein“ abgewiesen werden. FĂŒr geschĂ€digte Verbraucher genĂŒgt es im Gegensatz dazu fĂŒr einen ausreichend substantiierten Vortrag zum Vorliegen eines Sachmangels, wenn dargelegt wird, dass das streitgegenstĂ€ndliche Fahrzeug einen Motortyp aufweist, der von einem RĂŒckruf betroffen ist, die Einleitung eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens wegen des Einbaus einer unzulĂ€ssigen Abschalteinrichtung erfolgt ist sowie eine allgemein beschriebene Funktionsweise einer vermuteten Abschalteinrichtung vorliegt.

„Das Urteil verleiht dem Abgasskandal der Daimler AG neuen Schwung und gibt geschĂ€digten Verbrauchern neue Argumente an die Hand, gegen den Hersteller im Rahmen der vorsĂ€tzlichen sittenwidrigen SchĂ€digung vorzugehen. Es fallen immer mehr Urteil zu teuren Modellen der Premiumklasse, sodass die finanzielle Kompensation fĂŒr die KlĂ€ger sehr hoch ausfĂ€llt und der wirtschaftliche Schaden durch die Manipulationen ausgeglichen wird“, sagt Dieselexperte Dr. Gerrit W. Hartung.

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