{"id":74117,"date":"2020-09-06T22:04:59","date_gmt":"2020-09-06T20:04:59","guid":{"rendered":"https:\/\/www.carpr.de\/?p=74117"},"modified":"2020-09-06T22:44:30","modified_gmt":"2020-09-06T20:44:30","slug":"nachbesserung-beim-gebrauchtwagenverkauf-fallstricke-vermeiden","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.carpr.de\/74117\/nachbesserung-beim-gebrauchtwagenverkauf-fallstricke-vermeiden\/","title":{"rendered":"Nachbesserung beim Gebrauchtwagenverkauf \u2013 Fallstricke vermeiden"},"content":{"rendered":"

Nachbesserung beim Gebrauchtwagenverkauf \u2013 Fallstricke vermeiden<\/h2>\n

Ein gewerblicher Kfz-H\u00e4ndler kann gegen\u00fcber Verbrauchern die sog. Sachm\u00e4ngelhaftung nicht ausschlie\u00dfen. Er darf seine Haftungsdauer bei gebrauchten Fahrzeugen lediglich auf ein Jahr verk\u00fcrzen. Davon machen Kfz-H\u00e4ndler in aller Regel Gebrauch. Gegen\u00fcber einem Verbraucher muss der H\u00e4ndler somit f\u00fcr M\u00e4ngel einstehen, die bei \u00dcbergabe des Fahrzeugs bereits vorhanden waren. Dem privaten K\u00e4ufer steht bei behebbaren M\u00e4ngeln zun\u00e4chst ein Recht auf Nachbesserung<\/a> zu. Hinsichtlich des \u201eob\u201c und \u201ewie\u201c der Nachbesserung<\/a> entsteht in der Praxis nicht selten Streit.<\/p>\n

Hierzu zwei Konstellationen die von uns in der letzten Zeit h\u00e4ufiger beobachtet werden:<\/p>\n

I. Ort der Nachbesserung bei Streckengesch\u00e4ften (Ferngesch\u00e4ften)<\/h2>\n

Ein privater K\u00e4ufer erwarb, aufgrund eines Internetinserats, von einem Kfz-H\u00e4ndler ein Gebrauchtfahrzeug zum Kaufpreis von EUR 22.000,00. Der K\u00e4ufer holte das Fahrzeug am Gesch\u00e4ftssitz des Beklagten ab und \u00fcberf\u00fchrte es an seinen Wohnort. Die Entfernung zwischen beiden Orten betrug 291 km. Nach \u00dcbergabe beanstandete der K\u00e4ufer diverse M\u00e4ngel, bat um Nachbesserung<\/a> sowie um Mitteilung, wann der H\u00e4ndler das Fahrzeug abhole. Dies lehnte der H\u00e4ndler ab. Vielmehr forderte der H\u00e4ndler den K\u00e4ufer auf, das Fahrzeug zur M\u00e4ngelpr\u00fcfung und \u2013beseitigung beim H\u00e4ndler vorbeizubringen. Er wies darauf hin, dass er nicht verpflichtet sei, das Fahrzeug bei dem K\u00e4ufer abzuholen, und wiederholte seine Bereitschaft zur M\u00e4ngelbeseitigung. Der K\u00e4ufer setzte dem Kfz-H\u00e4ndler erneut eine Frist zur Nachbesserung und forderte den Beklagten erneut auf, den Pkw bei ihm \u2013 dem K\u00e4ufer \u2013 abzuholen. Nachdem der Kfz-H\u00e4ndler dies erneut ablehnte, erkl\u00e4rte der K\u00e4ufer den R\u00fccktritt vom Kaufvertrag, mithin die R\u00fcckwicklung des Kaufvertragsverh\u00e4ltnisses. Zu Recht?<\/p>\n

Diesbez\u00fcglich sind zwei Fragestellungen von Relevanz:<\/h2>\n

1. Wo ist der Ort der Nachbesserung?\u2013 Sitz des Verk\u00e4ufers oder\u2013Wohnsitz des K\u00e4ufers?<\/p>\n

2. Was gilt bei \u201eStreckengesch\u00e4ften\u201c? (hier 300 km Entfernung)<\/p>\n

Das OLG Naumburg beantwortet diese Fragen wie folgt:<\/h2>\n

Zu 1.<\/h2>\n

Der Erf\u00fcllungsort der Nacherf\u00fcllung ist mangels eigenst\u00e4ndiger Regelung im Kaufrecht nach der allgemeinen Vorschrift des \u00a7 269 I BGB zu bestimmen. Danach sind in erster Linie die von den Parteien getroffenen Vereinbarungen entscheidend. Fehlen vertragliche Abreden \u00fcber den Erf\u00fcllungsort, ist auf die jeweiligen Umst\u00e4nde, insbesondere die Natur des Schuldverh\u00e4ltnisses, abzustellen. Lassen sich auch hieraus keine abschlie\u00dfenden Erkenntnisse gewinnen, ist der Erf\u00fcllungsort letztlich an dem Ort anzusiedeln, an welchem der Verk\u00e4ufer zum Zeitpunkt der Entstehung des Schuldverh\u00e4ltnisses seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung (\u00a7 269 II BGB) hatte.<\/p>\n

Zu 2.<\/h2>\n

Dass der K\u00e4ufer eines Gebrauchtwagens das Fahrzeug zum Verk\u00e4ufer bringen oder dorthin transportieren lassen muss, stellt nicht per se eine erhebliche Unannehmlichkeit i. S. des Art. 3 III der Verbrauchsg\u00fcterkauf-Richtlinie dar, die es rechtfertigt, den Erf\u00fcllungsort der Nacherf\u00fcllung am Wohnsitz des K\u00e4ufers anzusiedeln. Das gilt auch dann, wenn die Entfernung zwischen dem Wohnsitz des K\u00e4ufers und dem Gesch\u00e4ftssitz des Verk\u00e4ufers rund 300 km betr\u00e4gt.OLG Naumburg, Urteil vom 19.05.2017 \u2013 7 U 3\/17<\/p>\n

Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass der Ort der Nachbesserung, mangels anderweitiger Vereinbarung, der Gesch\u00e4ftssitz des Verk\u00e4ufers ist. Dies gilt grunds\u00e4tzlich auch f\u00fcr Streckengesch\u00e4fte.<\/p>\n

Achtung: Bitte beachten Sie aber, dass die Kosten der Nachbesserung und insbesondere die Transportkosten gem\u00e4\u00df \u00a7 439 II BGB vom Verk\u00e4ufer zu tragen sind.<\/p>\n

II. Kostenvorschuss und Nachbesserung<\/h2>\n

Ein privater K\u00e4ufer aus Kassel kaufte von einem Kfz-H\u00e4ndler mit Firmensitz in Berlin zum Preis von 2.700 \u20ac einen gebrauchten Pkw, den der H\u00e4ndler in einem Internetportal angeboten hatte. Der K\u00e4ufer wandte sich wegen eines Motordefekts an den H\u00e4ndler und forderte diesen zur Nachbesserung auf. Daraufhin bot der H\u00e4ndler eine Mangelbeseitigung an seinem Sitz in Berlin an. Der K\u00e4ufer forderte vorab die \u00dcberweisung eines Transportkostenvorschusses von 300,00 \u20ac zwecks Transports des nicht fahrbereiten Pkw nach Berlin bzw. die Abholung des Fahrzeugs durch den Beklagten auf dessen Kosten. Nachdem der H\u00e4ndler sich hierauf nicht meldete, setzte der K\u00e4ufer eine letzte Nachfrist zur M\u00e4ngelbeseitigung. Nunmehr lie\u00df der K\u00e4ufer den Mangel in einer Drittwerkstatt beheben. Nach Durchf\u00fchrung der Reparatur in der Werkstatt beansprucht der K\u00e4ufer vom Kfz-H\u00e4ndler Schadensersatz in H\u00f6he von insgesamt 2.332,32 \u20ac nebst Zinsen, die sich in erster Linie aus den ihm daf\u00fcr in Rechnung gestellten und von ihm ausgeglichenen Betr\u00e4gen sowie aus Transport- und Reisekosten zusammensetzen. Zu Recht?<\/p>\n

Hier stellt sich folgende Frage:<\/h2>\n

Lag seitens des K\u00e4ufers ein taugliches Nachbesserungsverlangen vor, auf welches sich der H\u00e4ndler einlassen musste?<\/p>\n

hier: Verbringung zum H\u00e4ndler nur gegen Kostenvorschuss<\/p>\n

Wenn ja:\u2013 Schadenersatzanspruch nach Fristablauf und somit\u2013 Kosten der Reparatur in Drittwerkstatt erstattungsf\u00e4hig!<\/p>\n

Der BGH f\u00fchrt hierzu aus:<\/h2>\n

II.<\/p>\n

Die Kostentragungsregelung des \u00a7 439 II BGB begr\u00fcndet in F\u00e4llen, in denen eine Nacherf\u00fcllung die Verbringung der Kaufsache an einen entfernt liegenden Nacherf\u00fcllungsort erfordert und bei dem K\u00e4ufer deshalb Transportkosten zwecks \u00dcberf\u00fchrung an diesen Ort anfallen, bei einem Verbrauchsg\u00fcterkauf nicht nur einen Erstattungsanspruch gegen den Verk\u00e4ufer; der K\u00e4ufer kann nach dem Schutzzweck der von Art. 3 III 1, IV der Verbrauchsg\u00fcterkauf-Richtlinie geforderten Unentgeltlichkeit der Nacherf\u00fcllung vielmehr grunds\u00e4tzlich schon vorab einen (abrechenbaren) Vorschuss zur Abdeckung dieser Kosten beanspruchen, auch wenn das Vorliegen des geltend gemachten Mangels noch ungekl\u00e4rt ist. Dementsprechend liegt ein taugliches Nacherf\u00fcllungsverlangen des K\u00e4ufers vor, wenn seine Bereitschaft, die Kaufsache zum Ort der Nacherf\u00fcllung zu verbringen, nur wegen der ausgebliebenen Vorschussleistung des Verk\u00e4ufers nicht umgesetzt wird.BGH, Urteil vom 19.07.2017, Az.: VIII ZR 278\/16<\/p>\n

Fazit:<\/h2>\n

Der Ort der Nachbesserung ist grunds\u00e4tzlich der Gesch\u00e4ftssitz des Verk\u00e4ufers. Aber auch dann, wenn ein mangelhaftes Kfz im Rahmen der Nachbesserung zum Gesch\u00e4ftssitz des Kfz-H\u00e4ndlers zu transportieren ist, hat der Kfz-H\u00e4ndler den privaten K\u00e4ufer von den damit verbundenen Aufwendungen freizustellen. Das kann nach dem Urteil des BGH durch die Zahlung eines Transportkostenvorschusses geschehen. Die Freistellung kann grunds\u00e4tzlich aber auch in der Weise erfolgen, dass der Verk\u00e4ufer die Sache abholt und auf eigene Kosten zum Ort der Nacherf\u00fcllung transportiert. Dies wird in der Praxis oft der kosteng\u00fcnstigere Weg sein.<\/p>\n

Diese Rechtsprechung und weitere aktuellen Themen sind auch Gegenstand unseres Online Workshops zum Thema \u201eRechtssicherheit im Werkstattgesch\u00e4ft\u201c.<\/p>\n

Bei offenen Fragen rund um das Thema \u201eAutomobil -& Verkehr\u201c stehen wir Ihnen kurzfristig gerne zur Verf\u00fcgung: Team Verkehrsrecht JuS Rechtsanw\u00e4lte Schloms und Partner Ulrichsplatz 12, 86150 Augsburg www.jus-kanzlei.de<\/a> Tel.: 0821\/34660-17 Fax: 0821\/34660-81 Email: knopp@jus-kanzlei.de<\/p>\n

Autor: Holger Knopp, Equity Partner, Fachanwalt f\u00fcr Verkehrsrecht, Fachanwalt f\u00fcr Versicherungsrecht, Empfehlungsanwalt des schw\u00e4bischen Kfz-Gewerbes.<\/p>\n

JuS Rechtsanw\u00e4lte Schloms und Partner Partnerschaftsgesellschaft <\/b><\/p>\n

Pressekontakt:<\/strong><\/p>\n

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Die Bildrechte liegen bei dem Verfasser der Mitteilung<\/h6>\n
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